Beschreibung:
Im November 2023 hat das Forschungszentrum für Künstlernachlässe am Institut für aktuelle Kunst im Saarland das Konvolut „Sehen“ der gleichnamigen Ausstellungsreihe mit Studienarbeiten aus der Grundlehre Oskar Holwecks an der Staatlichen Werkkunstschule Saarbrücken übernommen. Die Witwe des Künstlers, Christiane Mewes, übergab den von 1966 bis 1970 international gezeigten Werkbestand sowie zahlreiche im Kontext stehende Papierarbeiten als Schenkung. Erhalten sind annähernd 1.000 Blätter, welche durch einige plastische Arbeiten in Holz, Metall, Plexiglas, Gips und anderen Materialien ergänzt werden. Zudem umfasst die Nachlassübergabe die schriftliche und fotografische Dokumentation des kompletten Ausstellungsprojektes von der Konzeption bis zur Realisierung sowie das umfangreiche Begleitmaterial mit Vortragsreihen an insgesamt neun Ausstellungsorten in Deutschland, der Schweiz und Großbritannien. Anhand der erhaltenen, minutiösen Ausstellungsplanung, der gesamten Inventarisierung sowie der fotografischen Dokumentation lässt sich der originale Aufbau rekonstruieren. Auch ein Großteil der nicht erhaltenen, meist papiernen Objekte ist anhand von Fotos belegt.
Das Konvolut „sehen“ umfasst Werke von Studierenden aus unterschiedlichen Grundlehrejahrgängen, deren Urheberschaft nur in wenigen Fällen eindeutig zuzuordnen ist, da die meisten Blätter unsigniert sind. Im Zentrum der Bildauswahl Oskar Holwecks steht die exemplarische Auseinandersetzung mit der jeweiligen Aufgabenstellung und Thematik, welche dessen Lehrpraxis widerspiegelt. Die Blätter lassen sich sechs Themenkomplexen zuordnen, die durch Buchstaben gekennzeichnet sind:
A Schematische Experimente
B Helligkeit
C Material und Struktur
D Farbe
E Form
F Rhythmus und Bewegung.
Die Plastischen Arbeiten sind der räumlichen Umsetzung von Bewegungsformen, Material- und Helligkeitsstudien gewidmet und firmieren unter den Buchstaben G bis L.
Die Ausstellungsinhalte veranschaulichen die weitreichende Bedeutung der Lehre Oskar Holwecks, der die Grundlagenausbildung an der Saarbrücker Kunstschule von 1956 bis 1989 prägte und damit ein Stück saarländische Kunst- (schul-) geschichte schrieb. Zugleich lässt sich anhand der beispielhaften Dokumentation die künstlerische Lehre der ausgehenden 1960er Jahre in Saarbrücken im Kontext der Werkkunstschulen bundesweit verorten und auf dieser Basis die Rezeption der Grundlehre in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts betrachten.
Die Erfassung des gesamten Materials innerhalb der Nachlassdatenbank wird einige Zeit in Anspruch nehmen und bildet die Forschungsgrundlage zur Betrachtung von mehr als drei Jahrzehnten künstlerischer Ausbildung in Saarbrücken. Das Konvolut „sehen“ ist ein paradigmatisches Lehrbeispiel für die künstlerische Grundlagenausbildung und in der Vollständigkeit ein bundesweit einzigartiges Zeitdokument.